-bilder umhüllen die zeit-

Heinz Weißflog zur Ausstellung -bilder umhüllen die zeit- | 2016

In einer Zeit chauvinistischer Töne und nationaler Großsprecherei trägt der Künstler seine Kunst als Vaterland in seinem Herzen. Die Kunst wird ihm zum Ort der Freiheit, auch wenn es um ihn herum dunkler wird. Bei-sich-sein ist ein seltener Zustand des Gemütes im Laufrad des Alltags und des Hin -und Her-Hetzens und Funktionierens im Brotberuf. Petra Resch betreibt ihre Kunst vor allem um dieses inneren Balance-Zustandes willen, sich selbst als „Künstlerin“ zu bezeichnen, wehrt sie vehement ab. Kunst ist für sie ein Rückzugsgefecht, nicht ein Raum-Zeit-Ort, in dem die Idylle herrscht, sondern Vertiefung und Auseinandersetzung (auch mit dem Zeitgeist), kreatives Tun zunächst für sich selbst, dann aber auch für die ihr anvertrauten Studenten. Im Kleinen groß werden, heißt vor allem: Reifen angesichts der eigenen Bedeutungslosigkeit, jemand für sich selbst zu werden und etwas vom Sinn der eigenen Existenz an sich selbst zu erfahren, Wachsen wie in Jahresringen (in Rilkes Gedicht) und bewusster leben angesichts der noch bemessenen Zeit. So kann die Kunst eine Insel im Dauergetriebe der Hast werden, eine Brücke von außen nach innen und umgekehrt. Ein Ort relativer Ruhe und Kontemplation. Und schließlich, wie es diese Ausstellung auch unterstreicht, Brücken zwischen Menschen bauen, die einmal einander fremd waren und sich jetzt plötzlich füreinander zu interessieren beginnen.

Für Petra Resch ist Kunst-Aus-Übung wichtig, ein Training der eigenen Fertigkeiten und Möglichkeiten für sich aber auch für ihre Studenten. Damit wird sie auch als Person glaubwürdiger. In der Vermittlung (learning by doing) von dem, was Kunst ausmacht, nähmlich Handwerk und Imagination (das heißt Fantasie), arbeitet Petra Resch beispielhaft an der Vervollkommnung ihrer künstlerischen Mittel, zeigt wie man mit Farbe agiert und reagiert und den Pinsel führt. Dabei handelt es sich aber keineswegs um ein Spiel mit den eigenen Fähigkeiten und Ideen, sondern um ernsthafte Arbeit im Gegenwartsbezug, der die eigene Existenz berührt und herausfordert. Balancefinden heißt, Tragik, Schmerz und Trauer ebenso zum eigenen Thema zu machen wie Heiterkeit, Überschwang und Lebensfreude.

Kindheit, Natur, Kunst

Schon als Kind und Jugendliche wurde Petra Resch von Farbe und Licht auf Bildern angezogen. Auf dem Dorf groß geworden, wurde sie früh mit dem Leben auf dem Lande vertraut. Die Grundschichtung ihrer Kindheit war stabil und in reger Aufgeschlossenheit für das spätere Leben. Natur und Leben sind keine Gegensätze für sie seit Anbeginn. Auf vielen Reisen in die Welt nahm sie ihren inneren Mittelpunkt mit sich mit, trug die Heimat im Herzen überall hin und schließlich auf ihre Bilder: Ubi bene ubi patria. Inzwischen ist Malen für sie ein ständiger, lebendiger Prozess geworden, mit dem sie nicht mehr aufhören kann. Unentwegt formen sich Ideen zu Bildern, drängen sich heraus auf Papier und Leinwand, fügen sich in der Collage aus Zufälligem zu einem glückhaften Puzzle. „Es ist zu wenig Zeit, um all das ausfließen zu lassen“, sagt sie bedauernd.

Die Collage

Die Collage bedeutet fürt sie vor allem Übung mit dem eigenen Zufall-Fundus (ZuHause und in der TU), die Nutzung von kunstgeschichtlichen Schriften, Karteikarten, Bildmaterial, die für sie eine große Anregung für das eigene Schaffen darstellen, gleichzeitig aber auch wach halten, für das, was an Wichtigem in ihrem Fach geschieht. Die einzelnen Versatzstücke, Text-und Bildfragmente geben ihr die Ideen für die jeweilige Collage ein. Ihre besten Collagen entstanden durch Übermalungen von Bildern aus Journalen und Büchern („Fallende Blätter“) oder Kompositionen zu Michelangelos „Pietá“ und „Jüngstem Gericht“, die mit hellen, wolkigen, geschwungenen Papierschnitten das altmeisterliche Thema als universale Ereignisse kommentieren.

Die Malerei

Petra Resch ist vor allem Malerin. Das bezeugt ihr feines Gespür für Farbe und Form, für die dialektischen Beziehungen der Farbformen, hell und dunkel, warm und kalt. Die klassische Moderne, Informel und abstrakter Expressionismus sind bis heute maßgebliche Anregungen geblieben, vor allem Max Beckmann und August Macke. Verliebt ins Schwarz als strukturbildendes Element, beziehen ihre Acryl-Bilder daraus eine besondere Kraft und Schwere („Marokkanische Landschaft“). Die Melancholie des Schwarz, daneben das nicht fassbare Licht des reinen Gelbs und die Tiefe von Ultramarin-Blau und Grün, seltener Rot, dafür aber ein vorsichtiges Rosa sind ihre bevorzugten Ausdrucks-Farben. Es herrscht immer Spannung ohne ins Buntwertige zu kippen, sowohl auf dem jeweiligen Bild als auch zwischen den einzelnen Bildern im Ensemble der Ausstellung. Sichtachsen entstehen, angefangen von der Dominanz des Gelb und Schwarz auf der Front-Wand dieses Raumes (gelber Tondo und schwarze Rolltafel), ergänzt durch eine kleine Episode in Blau, bis hin zum Eingang mit einem stark durchgearbeiteten Bild aus monochromen Blauwerten. Dort, wo nur eine Grundfarbe herrscht, spielt sie mit dem Farbauftrag, den pastosen Pinselspuren und Rissen, schrundigen und unebenen Flächen, die durch eine intensive Transparenz auffallen. Petra Resch arbeitet auch in ihrer Malerei in Serien, indem sie ein Grundthema wie eine Fuge oder eine Variation behandelt. Eine dieser farbenfrohen Bildserien sind die Acrylbilder auf Papier „Im Garten“, früchte-und blütenschwere Naturstücke zwischen Landschaft und Stillleben. Dass die menschliche Figur im Schaffen von Petra Resch auch ihren Platz hat, demonstrieren die beiden blauen Figurationen „Unruhe“, zwei bedrückende Menschenschemen, die von einer an ihrer Seite befindlichen, kleinen Bildtafel in knalligem Rot konterkariert werden.

Collage und Malerei von Petra Resch (auch ihre Gedichte) haben jene Melancholie, die Romantik und Existenz einschließen und miteinander verschmelzen. Das Bild „Die Blaue Blume“ bildet das geistige Zentrum dieser Ausstellung, ein Hochformat von besonderer Ausstrahlung, Gleichnis für Wurzel, Wachstum und Licht. Einerseits im praktischen und beruflichen Leben fest geerdet, spiegeln sich in den Werken von Petra Resch transzendente Momente und ein poetischer Idealismus, der träumt und liebt um seiner selbst und um der Schaffung von Schönheit willen. Kunst ist Selbsterfahrung. Für den geistig tätigen Menschen immer wieder sich selbst erneuernde Geistspeise und Kraftquelle für ein erfülltes, wach gelebtes Leben.

Im Briefroman „Hyperion“ von Friedrich Hölderlin heißt es über die Kunst auch, an Diotima und Bellarmin gewandt:

Das erste Kind der menschlichen, der göttlichen Schönheit ist die Kunst. In ihr verjüngt und wiederholt der göttliche Mensch sich selbst. Er will sich selber fühlen, darum stellt er seine Schönheit gegenüber sich. So gab der Mensch sich seine Götter. Denn im Anfang war der Mensch und seine Götter eins, da, sich selber unbekannt, die ewige Schönheit war.
-Ich spreche Mysterien, aber sie sind.-

Text: Heinz Weißflog